
Tschaval – Rifugio Pastore
Auf steilen Ski- und Schotterpisten ins Valsesia
Es braucht eine gewisse Portion ungesunden Masochismus, um sich diese Etappe anzutun, aber sie gehört einfach zum GrenzTrail.ch: Am Limit über trostlose Schotterpisten hinaufdrücken und -schleppen… und über sehr steile Schotter-Skipisten hinunterzirkeln und auch mal schieben.
Tipp: Seilbahnen verkürzen die Plackerei oder ersetzen sie ganz.
Daten
Kondition: anspruchsvoll
Distanz: 25 km
Höhendifferenz: ↑ 1560 hm, ↓ 1740hm
Schieben/Tragen: ↑ 500 hm, ↓ 250 hm
Zeitbedarf: 6 Std.
Technik: schwer, steile Forstwege und Schotterpisten, auf der Abfahrt sehr steile Skipiste und Schotterpiste
Wegbeschaffenheit: Singletrails 35%, Wege und Pisten 50%, Asphalt 15%
Beste Jahreszeit:
JanFebMärzAprilMaiJuniJuliAugSeptOktNovDez
Einkehr: Bar Gabiet See am gleichnamigen See / Rifugio del Gabiet / Pianalunga / Restaurants in Alagna
Übernachten: Rifugio Pastore CAI
Bilder
Karte
Bericht
Unverdrossen machen wir uns auf ins Ungewisse. Die staubige Fahrstrasse führt anfangs harmlos ein paar Kehren den Wald hoch. Nach kaum hundert Höhenmetern ist bei Bedemie auf gut 1900 m der Spass vorbei. Die Piste windet sich unanständig steil in vielen Kehren die nächsten 200 Höhenmeter den Hang empor. Ab und zu versuchen wir uns wieder in den Pedalen, aber es dauert jeweils nicht lange, bis wir aus den Klicks springen aus Angst vor einer explodierenden Lunge.
Nun wird der Weg etwas harmloser und zieht sich dem Hang entlang zur Seilbahnstation Gabiet. Die Versuchung ist gross – sehr gross, aber wir bleiben unserem Grundsatz treu, die Schweiz ausschliesslich aus eigener Kraft zu umrunden, obwohl uns noch fast 500 Höhenmeter vom Alencoll trennen. Der Einschnitt im Bergkamm zeichnet sich deutlich und trügerisch nahe am Horizont ab.
Der Fahrweg steigt nun etwas gemächlicher und fahrbar durch die Alpweiden empor. Wir haben sogar noch etwas Musse, die lila leuchtenden Weidenröschen am Wegrand wahrzunehmen. Ein kurzer Abstecher zum Gabietsee und zur Bar mit den verlockend aufgestellten Liegestühlen lohnt sich.
Wir queren hinüber zum Fahrweg, der sich steil zum Passo dei Salati hoch windet. Die sehr steilen Rampen sind zu lange, um sie durchzustehen und die gemächlicheren Abschnitte zu kurz, um wieder zu Atem zu kommen. Das Ganze ist eine arge Plackerei und das unter den Blicken der über uns in den Gondeln mühelos aufwärts schwebenden Bergtouristen. Doch unerwartet erhalten wir Aufmunterung: Aus einer Gondel vernehmen wir den Ruf „Forza, forza, complimenti!“
Für die letzten hundert Höhenmeter Meter folgen wir nicht mehr der Piste zur hässlichen Schotterlandschaft auf dem Passo dei Salati, sondern zweigen nach rechts in den gelb markierten Bergwegweg zum Alencoll ab. Das Schieben dünkt uns hier leichter, denn der Bergweg bietet keinerlei Anreize zum Fahren. Bald stehen wir auf dem Pass. Einige Nebelfetzen kriechen um die Felsen und die Temperatur ist stark gesunken. Für eine Rast nehmen wir uns nur wenig Zeit.
Doch der ist nur von kurzer Dauer. Die Piste wird sehr steil und schotterig, und selbst zu Fuss ist Vorsicht geboten. Ab und zu versuchen wir es wieder für kurze Abschnitte und folgen dann demütig per pedes dem Wanderweg.
Weiter unten zeigt die Piste dann ihr freundlicheres Gesicht, mit Gras bewachsen und gut fahrbar lässt sie uns die verspannten Finger lockern. Wir lassen uns Zeit, um auf der anderen Talseite den morgigen Aufstieg zum Passo del Turlo, oder in der Sprache der ursprünglichen Walser Türlerpass genannt, zu verfolgen und natürlich staunen wir einmal mehr über die schroffen Felswände und weissen Schneegipfel des Monte Rosa.
Ab der Seilbahnstation Pianalunga folgen wir der rauen Schotterstrasse, die steil den Wald ins Tal hinunter kurvt. Die Abfahrt erfordert höchste Konzentration und Feingefühl beim Bremsen. Wie sind froh, dass wir ab der Siedlung Piane auf dem Asphaltsträsschen die Zügel wieder etwas locker lassen können.
Wir verzichten auf einen Abstecher in den betriebsamen Dorfkern von Alagna und nehmen gleich die verbleibenden 400 Höhenmeter zu Rifugio Pastore in Angriff. Der gut ausgebaute Fahrweg führt mit angenehmer Steigung Tal einwärts. Wir geniessen diese im Vergleich zu allen anderen des heutigen Tages sehr erholsame Strecke und schneller als wir meinten, erreichen wir das Ende der Strasse. Wir zweigen in den Fussweg ab und über eine schmale Brücke, die sich über den tosenden Bergbach spannt, erreichen wir das Rifugio. Ein herrlicher Ort: Urige Alphütten mitten in einer sanften Weide. Aber die Autos auf dem Parkplatz am Strassenende hatten es uns erahnen lassen, dass wir hier nicht allein sein werden. Ganze Völkerscharen von naturliebenden Italienern halten auf der Alpweide ihre Merenda, räkeln sich in der Sonne des späten Nachmittags und spielen.
Mit Hochgenuss verzehren wir den exzellenten Heidelbeerkuchen con una Porzione doppia di Pannna montata bei einem kräftigen Cappucino. Das haben wir uns heute hart erarbeitet!